5. Anekdote

Vier Geschichten aus unserer Zeit im Krankenhaus hab ich nun schon geteilt. Heute eine ganz kurze, aber in meiner Erinnerung sehr Wichtige.

Ich werde mit dem Bett in einen Raum gefahren. Die Operation ist überstanden. Die Babys hat man gleich weggebracht und versorgt. Wir wissen nichts. Leben sie? Wie geht’s ihnen? Einen Schrei hat jedes Mädchen von sich gegeben. Die Hebamme hat sie an mir vorbei in den Raum nebenan getragen.

Der Schrei war zwei Mal fast identisch. Es war fast wie ein Déja-vu.

Mir ist sehr kalt. Offenbar Nachwirkungen der OP. Obwohl ich bereits zugedeckt bin, zittere ich. Mein Mann weiß sich nicht zu helfen. In seiner Not legt er seine Jacke auf mich drauf. Das hilft.

Eine Schwester (oder die Hebamme?) kommt und fragt meinen Mann, ob er schon mitkommen möchte. Er sieht mich fragend an und ich will natürlich, dass er zu unseren Babys geht. Ich weiß nicht warum ich nicht gleich mit konnte. Ich liege jedenfalls dann allein in dem Raum und ich weiß nicht wieviel Zeit vergeht, aber dann steht der Oberarzt an meinem Bett. Er hat mich die letzten Wochen betreut und mit mir regelmäßig Ultraschall gemacht. Er hat mir die OP erklärt und auch selbst operiert. Er war durch und durch Arzt, aber auch Mensch und diese Menschlichkeit hat er mich an diesem Tag spüren lassen.

Er kam ganz dicht und streichelte mein Gesicht. Er sagte irgendwas in der Art: „Jetzt haben Sie es geschafft. Es ist vorbei. Sie haben zwei Mädchen. Die Mädchen sind gesund.“

Bis dahin wusste ich nicht was los ist und dann kam er und erlöste mich. Es war ein sehr schöner Moment. Unsere bis dahin sehr normale Arzt-Patient-Beziehung hatte für den kurzen Moment etwas Fürsorgliches und Liebevolles. Das wird mir ewig in Erinnerung bleiben.

Nachdem die Mädchen geboren waren, hatte ich mit ihm nicht mehr viel Kontakt, denn nun hatte ich weniger mit dem Frauenarzt und mehr mit Kinderärzten der Klinik zu tun. Zu denen fallen mir bestimmt auch noch Geschichten ein…

 

Hier findet ihr die anderen Anekdoten.