Liebesbrief an meinen Körper

Nachdem ich gestern den wöchentlichen Beitrag „Ich will fitter werden“ geschrieben habe , habe ich noch eine Weile über meinen Körper und mein Körpergefühl nachgedacht und da ich eher dazu tendiere mich selbst zu kritisieren, kam mir die Idee mit dem Liebesbrief. ❤️

Mein lieber Körper,

so viele Jahre verbringen wir nun schon gemeinsam. In den ersten Jahren sind wir beide viel gewachsen und haben viel erlebt.


Als Teenie machten wir nochmal eine Verwandlung durch. Diese Verwandlung führte auch eher zu Unsicherheiten bei mir. Dich interessierte das nicht. Du fandest uns toll und die Kommentare von Anderen und meine eigene Kritik interessierten Dich nicht die Bohne. Ich war nie schlank und empfand mich immer als dick. Übergewicht hatte ich aber Keines. Wenn ich heute alte Bilder sehe, dann muss ich mich wundern über mein damaliges (schlechtes) Selbstbild von mir.

Das bin ich 2004

Ich hatte einen schönen Körper. Ungezeichnet von Schwangerschaften und Operationen.

Durch das Studium hatte ich einige Stress- und Frustpfunde zugelegt. (Kein Vergleich zu heute…) Die habe ich mit Hilfe einer großen Abnehmgemeinschaft wieder abgenommen. Auf dem Bild von 2004 sieht man mich ungefähr auf halbem Weg zurück zum Gewicht vor dem Studium.

Mein lieber Körper. Was hast Du für Wunder vollbracht? Du bist unglaublich. Du hast vor 10 Jahren aus einer Eizelle von mir zwei Kinder geschaffen und ihnen 7 Monate ein Zuhause gegeben. Auch danach hast Du Großes geleistet. Du hast über ein Jahr ausschließlich für die Ernährung von zwei Babys gesorgt indem Du wertvolle Muttermilch produziert hast.

Schwanger mit Zwillingen einen Tag vor der Geburt

Leider haben wir uns schwer getan die zugelegten Kilos von der Schwangerschaft wieder loszuwerden, aber auch das ist uns irgendwann gelungen. Du hast mir einen fast makellosen Bauch hinterlassen. Trotz Zwillingsschangerschaft und Übergewicht danach. Ich danke Dir dafür. Die kleinen fast unsichtbaren Streifen erinnern mich immer wieder gerne an die Füße und Pos, die sich an meiner Bauchdecke sichtbar machten.

Die große Operation damals – der Kaiserschnitt – hast Du überstanden und geheilt. Auch wenn es lange gedauert hat das Erlebte zu verarbeiten, hast Du schnell die körperliche Wunde geheilt. Eine Narbe ziert nun meinen Bauch, um mich an dieses kleine Wunder zu erinnern.

Mehrere Jahre vergingen und Du ließt erneut einen Menschen heranwachsen. Wir konnten zusammen eine heilsame Hausgeburt erleben. Was für eine unglaubliche Leistung von Dir. Du hast einen so wunderbaren kleinen Menschen hervorgebracht, den Du bis heute mit Muttermilch versorgst. Wenn auch lange nicht mehr als Hauptnahrungsmittel.

Es ist schön Dich zu haben. Ich habe Dich sehr gerne und bin Dir dankbar.

Oktober 2016

Ob mit oder ohne Übergewicht, ich liebe Dich.

Das musste mal gesagt werden. ❤️️

Geburtsbericht meiner Hausgeburt

Am Tag bevor die Wehen einsetzen kommt meine liebe Hebamme (Rebecca Güssow) ein letztes Mal zur Vorsorge zu uns nach Hause. Sie setzt mir auch einige Akkupunkturnadeln. Es ist meine zweite Akkupunktur. Nach der Ersten eine Woche davor hatte ich Senkwehen und die Jüngste senkte sich ins Becken.

Rebecca ist zufrieden mit uns. Fast die komplette Vorsorge hat sie bei mir gemacht. Mit den Großen habe ich genug Untersuchungen über mich und uns ergehen lassen müssen, so dass ich es dieses Mal auf eine Minimum reduzieren wollte.

In der 12. Woche war ich bei meinem ersten Ultraschall um sicher zu gehen, dass es keine Zwillinge sind. Es sollte eigentlich der einzige Ultraschall bleiben, aber rund um die 30. Woche habe ich ein paar Wehen und bin sicherheitshalber zur Kontrolle beim Frauenarzt gewesen. Es war alles ok.
Leider musste ich ein paar Wochen danach auch nochmal ins Krankenhaus fahren, weil ich dummerweise vor meiner Haustür gestürzt bin, aber auch da war alles in Ordnung.

Einen Tag vor der Geburt bin ich tagsüber viel unterwegs mit den Großen und nachmittags sind wir zu einem Geburtstag eingeladen. Als wir uns abends auf den Weg nach Hause machen habe ich die erste Wehe (gegen 19.30 Uhr). Im Auto habe ich dann immer wieder mal eine Wehe. Zu Hause geht es dann gleich ins Bett. Ich bin sehr geschafft von dem Tag. Es gelingt mir einzuschlafen, aber leider nur für ca. eine Stunde. Dann werde ich von heftigen Wehen wach. Ich baue den Schmerz sogar in einen Traum mit ein. Es ist ungefähr 22 Uhr. Ab da habe ich alle 6-8 Minuten Wehen, die schon recht stark sind. Es scheint loszugehen, aber so richtig kann ich es nicht glauben. Mein Mann und ich unterhalten uns noch bis 23 Uhr, dann geht er ins Bett. Er möchte noch etwas Schlaf tanken bevor es losgeht, stellt sich aber den Wecker sicherheitshalber auf 1 Uhr.

Ich beschließe in die Wanne zu gehen, um zu sehen ob es tatsächlich losgeht. Die Wehen werden stärker und schmerzhafter, aber der Abstand verkürzt sich nicht. Sie kommen immernoch alle 6-8 Minuten.

Um 1 Uhr kommt mein Mann ins Bad und fragt nach dem Stand der Dinge. Ich sage ihm, dass es wohl losgeht. Ich habe die Wanne derweil verlassen und mich übergeben und habe Durchfall.

Mein Mann macht es mir im Bad bequem und es fällt mir immer schwerer mich zwischen den Wehen zu erholen, denn sie sind sehr intensiv. Abwechselnd liege oder hocke ich oder ich sitze auf der Toilette. Vor allem die Übelkeit und der rauhe Hals rauben mir ganz schön Kraft. An Schokolade oder gemütlich Kochen oder all meine tollen Vorbereitungen für die Wehenphase ist nicht wirklich zu denken.

Alles was ich trinke kommt auch wieder raus. Mein Mann kocht Tee und unterstützt mich so gut er kann. Nebenbei packt er die Kliniktasche fertig (wir waren noch nicht ganz vorbereitet bei 38+6), wärmt die Kraftsuppe auf und kocht Kaffee und so weiter. Er kommt und geht. Ich bleibe im Bad. Fühle mich dort am wohlsten und mich auch nicht im Stande irgendwo anders hinzugehen. Zweimal versuche ich zu tasten, ob sich am Muttermund was getan hat. Die Wehenpausen sind leider sehr kurz und sobald ich taste kriege ich eine sehr heftige Wehe. Aua. Leider kann ich jedes Mal keinen Muttermund tasten. Solange der Muttermund nicht zu tasten ist, kann es eigentlich auch noch nicht losgehen denke ich. Ich habe trotzdem das Gefühl, dass es losgeht.

Ich will meine Schwiegermutter (um die Großen zu betreuen) anrufen und meine Hebamme, aber mein Mann sagt wir warten noch bis 3 Uhr. (Damit sie noch etwas Schlaf kriegen) Kurz vor drei rufe ich meine Hebamme an. Ich muss meine Wehen bereits tönen, damit ich sie einigermaßen aushalten kann. Es kommt mir ewig vor bis sie kommt. In Wirklichkeit ist sie aber ziemlich zügig da. Sie untersucht mich und sagt wir stehen ganz am Anfang der Geburt. Bisher haben meine Wehen offenbar noch keine Auswirkungen auf den Muttermund…
Ich weiß nicht wie ich das noch stundenlang aushalten soll… Bin aber viel zu schwach und viel zu konzentriert auf die immer stärkeren Wehen, als dass ich mich entsprechend mitteilen könnte. Ich habe auch kaum Zeit zum Nachdenken.

Meine Hebamme verabschiedet sich wieder, da wir ja noch am Anfang der Wehenphase stehen. Ich soll sie sofort anrufen, wenn ich denke ich brauche sie und spätestens wenn die Presswehen kommen.
Ich mag gar nicht mehr von der Toilette aufstehen. Mein Mann ermuntert mich die Toilette zu verlassen und ich hocke mich dann vor die Badewanne. Dort kann ich mich gut abstützen. Sofort überkommt mich Pressdrang. Ich will zur Toilette habe aber überhaupt keine Kraft und Zeit, denn die Presswehe ist heftig. Während ich so drücke, merke ich, dass auch Wasser läuft. Es ist Fruchtwasser. Es ist eine ziemliche Pfütze auf dem Handtuch unter mir (und auch ein bisschen Stuhl). Mein Mann klappt das Handtuch zusammen. Sofort überkommt mich wieder Pressdrang es kommt aber gar nichts. Ich habe Pressdrang sage ich zu meinem Mann und kann es selbst kaum glauben. Mit der nächsten Wehe ist klar, es sind Presswehen!!!
Ich kann es nicht glauben. Mein Mann glaubt es noch weniger. Trotzdem soll er die Hebamme zurückrufen. Inzwischen ist an Tönen längst nicht mehr zu denken. Ich bin schon sehr laut am Stöhnen, wenn nicht sogar schon am Schreien. Die Hebamme ist schnell wieder da. Sie bittet meinen Mann die Wanne voll zu lassen. Als die Wanne voll ist, soll ich in die Wanne wechseln. Ich weigere mich. Ich habe keine Kraft. Habe das Gefühl, dass ich mich nicht mehr bewegen kann, aber als sie sagt, dass mir das etwas Entspannung verschafft, bin ich motiviert, denn an Entspannung ist bisher nicht zu denken. Ich habe kaum Pausen zwischen den Wehen und starke Schmerzen.

Unglaublich. Es ist tatsächlich etwas besser in der Wanne. Ich habe aber kaum Zeit zum Entspannen, denn in wenigen Wehen soll es schon vorbei sein (3 oder 4 Wehen). Die Hebamme sagt zu mir, dass ich ruhig mal selbst tasten soll. Ich fühle etwas Weiches, das aus mir rauskommt. Ich denke es ist der Muttermund aber daneben taste ich etwas Hartes. Sie meint, das ist der Kopf. Ich habe also die (geschlossene) Fruchtblase getastet, denn meine Jüngste wird mit ihrer Blase geboren. Schon kommt die nächste Wehe. Ich taste und es kommt der Kopf. Ich kann es nicht fassen. Ich taste den Kopf meines Babys. Ich halte ihn mit einer Hand. Ich schreie: „Sie kommt!“, dabei weiß ich gar nicht ob es ein Mädchen oder ein Junge ist, aber es ist ein Instinkt oder ein Wunsch, den ich von Beginn an hatte.

Es ist unheimlich schmerzhaft und in einer Presswehe kommt der Kopf und der Körper. IMG_0003Sie kommt in ihrer Blase und liegt in der Badewanne, weil ich sie kaum halten kann. Es sieht unwirklich aus, weil sie in der Fruchtblase liegt. Meine Hebamme muss mich ermutigen „Nimm Dein Baby hoch“. Sie hilft mir die Blase zu entfernen und ich nehme wie selbstverständlich mein Baby in den Arm. Ich bin so erleichtert. Nichts tut mir mehr weh. Ich halte mein Baby im Arm und die Welt ist einfach nur schön. Ich bin so glücklich, dass sie gesund ist. Sie schreit nicht wirklich sondern meckert eher ein bisschen. Aber sie atmet. Dann muss ich erstmal gucken ob sie überhaupt ein Mädchen ist. Sie ist ein Mädchen. So ein wunderschönes Mädchen. Auf den Bildern, die mein Mann macht sieht sie so blau aus und der Kopf ist so verformt, aber in dem Moment kam sie mir überhaupt nicht blau vor. Ich fand sie einfach nur perfekt und wunderschön.

IMG_0012Wir legen ein Handtuch über sie und ich kann sie einfach nur halten. Es ist ein toller Moment. Wir sind alle gesund. Meine Ängste waren völlig grundlos. Wunderschön. Einfach wunderschön. Nach einer Weile biete ich ihr die Brust an. Sie möchte aber nicht und es ist auch schwierig sie zu halten in der Wanne. Meine Hebamme sagt ich solle mal tasten ob die Nabelschnur noch pulsiert. Ich weiß nicht wie es sich anfühlt, wenn sie pulsiert. Fühle nichts. Sie sagt, wenn ich nichts fühle, dann pulsiert sie nicht. Ich solle mal versuchen zu pressen. Sie zieht etwas und der Mutterkuchen wird geboren. Sehr problemlos. Die leichteste Übung nachdem ich ein Kind bereits rausgepresst habe. Wir nehmen eine Schüssel für den Mutterkuchen und mein Mann nimmt den Krümel in ein Handtuch und geht mit ihr ins Kinderzimmer. Ich kann mich etwas abduschen und gehe dann direkt ins Bett wo ich meine Kleine sofort wieder bekuscheln kann.

Die beiden Großen sind pünktlich zur Geburt wach geworden (früh morgens um 5 Uhr). Sie bestaunen noch etwas verhalten ihre kleine Schwester. Die Hebamme sieht sich den Mutterkuchen an und stellt fest, dass er sehr gut aussieht. Keine groben Verkalkungen (die beim Ultraschall im Krankenhaus gesehen wurden). Alles dran. Nichts drin geblieben. Dann diskutieren wir ob wir die Nabelschnur abschneiden oder abbrennen oder der Mutterkuchen dranbleibt bis die Nabelschnur abfällt (Lotusgeburt). Wir entscheiden uns für das Abschneiden. Mein Mann schneidet die Nabelschnur durch.

Nach dem Untersuchen der Plazenta bin ich dran. Mein Hebamme stellt fest, dass sie mich nähen muss. Ich habe Risse 2. Grades (erstes vaginal geborenes Kind und sehr schnelle Geburt vermutlich). Das Nähen ist unangenehm aber auszuhalten. Ich habe keine Ahnung wie lange es dauert. Dann wird die Jüngste untersucht (U1). Sie macht gut mit. Alles in Ordnung mit dem kleinen Baby ohne Namen, denn wir wissen erst gegen Mittag, wie sie heißen wird. Sie hat fast keine Käseschmiere und die Haut an den Füssen pellt sich schon etwas. Die Hebamme meint sie ist schon etwa eine Woche zu spät, dabei ist sie eine Woche vor ihrem Termin gekommen. Sie bekommt eine Windel an und kommt dann wieder zu mir. Ich möchte sie nackelig bei mir haben und so bleibt sie auch noch eine ganze Weile (fast das komplette Wochenbett).

IMG_0015Willkommen meine Jüngste. Wir sind ganz froh, dass Du jetzt bei uns bist.

Die Hausgeburt hat mich sehr belohnt und total versöhnt mit dem traumatischen Erlebnis der ersten Geburt. Sie war sehr heilend. Direkt von der Wanne ins Bett zu gehen und dort eine Woche zu bleiben, war das schönste Geschenk. Vom Rufen der Hebamme (das erste Mal) bis zur Geburt der Jüngsten dauerte es weniger als zwei Stunden. Die Geburt selbst konnte ich fast alleine bewältigen, was mir unglaublich gut getan hat, denn meine erste Geburt war komplett fremdgesteuert. Wäre ich ins Krankenhaus gefahren, hätte man mich vermutlich wieder nach Hause geschickt (die Hebamme dachte auch beim ersten Befund, es dauert noch) und ich hätte wohlmöglich mein Kind dann auch zu Hause bekommen. 🙂
Und ich hätte sehr wohl nach Schmerzmitteln gebrüllt, obwohl ich sie ablehnen wollte. Zu Hause gab es keine Schmerzmittel und das war auch gut so. 🙂 Meine Hebamme hat mich sehr gut betreut. Durch die Vorsorge kannte sie mich sehr gut und wusste über meine Wünsche Bescheid. Das war sehr angenehm, denn sie hat sich bei der Geburt sehr zurückgehalten, weil sie wusste, dass ich es „alleine“ schaffen wollte. Sie hat mich vor, während und nach der Geburt betreut. Es war Luxus. Ich musste für die Vorsorge nicht mal das Haus verlassen. Leider hat sie im letzten Jahr die Hausgeburtshilfe aufgeben müssen. Sie wäre nur noch für die Versicherung arbeiten gegangen. Das ist sehr schade. Ich hoffe sehr dass sich die Problematik lösen wird, denn immer mehr Hebammen hören auf. Auch eine Hebamme für die Nachsorge zu finden wird immer schwieriger. Auch die kleineren Krankenhäuser werden ihre Kreißsäale schließen müssen, da diese oft mit freiberuflichen Hebammen besetzt sind, wenn sich das Problem nicht löst.

Wer von dem Problem noch nicht gehört hat, der kann hier nachlesen und gerne auch die Hebammen unterstützen:
Hebammenverband
Hebammenprotest
Hebammenunterstützung